Bevor man Visselhövede in Richtung Walsrode verlässt, passiert man linker Hand, kurz vor der Bahnunterführung, die katholische Herz-Jesu Kirche.
Visselhövede ist für die katholische Kirche von besonderer historischer Bedeutung, wie es ein Auszug aus der „Festschrift 700 Jahre Visselhövede“ von 1988 betont:
Im Verlauf des 30jährigen Krieges (1618 – 1648) hatten sich viele norddeutsche Landstriche bereits von Rom gelöst. So gab es in Verden bereits den lutherischen Bischof Friedrich, einen Sohn des Dänenkönigs Christian IV.
Nachdem der kaiserliche General Tilly 1626 bei Lutter am Barenberg den Dänenkönig besiegt hatte, beherrschten die Truppen der katholischen Liga weite Teile des heutigen Niedersachsens.
1629 erließ der katholische Kaiser das Restitutionsedikt, wonach aller nach 1552 weltlich oder evangelisch gewordener Kirchenbesitz an die katholische Kirche zurückzugeben war. Der lutherische Bischof in Verden wurde abgesetzt und der katholische Bischof Franz Wilhelm aus Osnabrück übernahm das Bistum Verden. Hier wurde eine Missionsniederlassung des Jesuitenordens eingerichtet, zu dem auch Pater Johannes Arnoldi gehörte. Ihm wurden drei Pfarreien, nämlich Visselhövede, Neuenkirchen und Schneverdingen übertragen. Am 7. Mai 1630 erklärte der katholische Bischof von Verden alle lutherischen Pfarrer für abgesetzt, darunter auch Johannes Müller aus Visselhövede. Zusätzlich wurde das Kirchspiel Visselhövede vom Bischof Franz Wilhelm wegen Ungehorsams zu einer Strafe von 160 Reichstalern verurteilt. Die Empörung der Bewohner war groß. Das Opfer der angestauten Wut wurde der Jesuitenpater Johannes Arnoldi. Er harrte in Visselhövede aus, auch als sich die Kriegslage durch das Eingreifen der Schweden zugunsten der Lutheraner wendete. Schon 1630 soll einmal auf ihn geschossen worden sein; die Kugel traf aber nur seinen Hut. Am 9. November 1631 hielt er zum letzten Mal die Messe und machte sich danach mit einem Fuhrwerk auf den Weg nach Verden. Dort kam er nicht an. In der Nähe der Kreuzung der Verdener Landstraße mit dem Weg Nindorf – Kettenburg hielten ihn Bauern aus dem Kirchspiel Visselhövede an, zogen ihn vom Wagen, Schlugen auf ihn ein und schnitten ihm, nachdem er an einen Baum gebunden wurde die Kehle durch.
In der Schlosskirche zu Kettenburg ist die Erinnerung an den 300jährigen Todestag des Blutzeugen Pater Johannes Arnoldi am 9. 11. 1931 feierlich begangen worden, der 350. Todestag wurde in der katholischen Kirche in Visselhövede begangen: mit einem feierlichen Pontifikalamt und anschließendem Festvortrag über den Pater, gehalten von Josef Nowak, Hildesheim. Anlässlich dieses Jubiläums errichtete man unter dem Glockenturm ein Mahnmal, gestaltet von dem Bildhauer Kilian aus Braunschweig. Das Mahnmal zeigt ein gespaltenes Kreuz auf einem Findling, aus dessen Mitte das Wasser des Glaubens fließt – Symbol für die gespaltene Christenheit, die durch den gemeinsamen Glauben zusammengehört. Wie weit katholische und evangelische Christen da heute schon sind, zeigt die gemeinsame Erarbeitung des Textes der Gedenktafel:
„Christus hat uns vom Kreuz herab die Waffen von Macht und Gewalt aus der Hand genommen. Von nun an gilt nicht Macht, sondern Ohnmacht, nicht Gewalt, sondern Versöhnung.
Zur Erinnerung an Pater Johannes Arnoldi, der in den Wirren religiöser Auseinandersetzungen am 9. November 1631 in Visselhövede durch Gewalt sein Leben verlor.“
1632 übernahm wieder ein Lutheraner, Matthias Pletzius, das Pfarramt in Visselhövede.
Die Verbindung des Raumes um Visselhövede zur katholischen Kirche blieb nun 235 Jahre unterbrochen.
Im Jahre 1852 begegnete der Freiherr Kuno von der Kettenburg in Mainz den Sozialbischof von Ketteler. Dieser Kontakt führte dazu, dass der Freiherr und seine Familie zum katholischen Glauben konvertierten.
Im selben Jahr wurde im Kettenburger Schloss eine Schlosskapelle eingerichtet. Kettenburg wurde Sitz eines katholischen Paters. Damit entstand eine der ganz wenigen katholischen Enklaven, denn die nächsten katholischen Gotteshäuser waren in Celle, Verden und Uelzen.
Leider wurde das Schloss mit der Kapelle im Jahre 1960 wegen Schwammbefall abgerissen.
Katholische Christen blieben hier eine verschwindend kleine Minderheit. Dennoch wurde im Jahre 1935 die Pfarrkuratie Kettenburg – Visselhövede – Rotenburg gegründet. Sitz des Geistlichen, eines Paters, blieb Schloss Kettenburg und er betreute von dort aus 120 Ortschaften, über die verstreut 601 Kirchenmitglieder wohnten.
Während der Nazizeit, mit allen Schikanen und Beschwernissen für die Kirchen, kam unfreiwillig ein zweiter Priester, Domkapitular Clemens Echelmeyer aus Münster nach Visselhövede. Echelmeyer wurde im Jahre 1941 von der Gestapo verhaftet und nach Visselhövede verbannt, das ihm als Zwangsaufenthalt zugewiesen wurde. Man wollte damit seinen Wirkungskreis beschneiden.
Die Zahl der katholischen Christen wuchs durch den Zustrom von Saardeutschen, der vielen Volksdeutschen und der Katholiken, die in der Deutschen Wehrmacht dienten. Sowohl in Rotenburg als auch in Visselhövede wurde je ein ständiger Gottesdienstraum eingerichtet. Im Jahre 1938 lebten in dem Seelsorgebezirk etwa 4000 Katholiken, davon waren etwa 3000 Polen. Und diese Zahl stieg dann noch einmal sprunghaft aufgrund der Kriegsfolgen an. Das machte eine Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse nötig. Rotenburg wurde zur Pfarrgemeinde ernannt, Visselhövede zu deren Filialgemeinde. Nach dieser Umgliederung betrug die Zahl der Gemeindemitglieder in Visselhövede etwa 300 und in den Dörfern rundherum noch einmal 150.Mit Wirkung vom 1. April 1961 schieden die Katholiken von Visselhövede und Umgebung aus der Kirchengemeinde Rotenburg aus; die Katholiken aus Bomlitz und Umgebung wurden von Walsrode abgetrennt und bildeten nun zusammen mit Visselhövede eine eigene Gemeinde. Der Wohnsitz des Pfarrers wurde von Visselhövede nach Bomlitz verlegt.
Die neue katholische Kirchengemeinde umfasste jetzt die folgenden Bereiche: Benefeld, Ahrsen, Bomlitz, Bommelsen, Borg, Ebbingen, Hünzingen, Jarlingen, Kettenburg, Kroge, Stellichte und Uetzingen (ohne die Ortsteile Elferdingen und Wenzingen) sowie Visselhövede, Bleckwedel, Buchholz, Dreeßel, Drögenbostel, Hiddingen, Jeddingen, Lüdingen, Nindorf, Ottingen, Rosebruch, Schwitschen, Wehnsen und Wittorf.In Benefeld gab es gleichfalls nur einen provisorischen Kapellenbau, eine Holzbaracke, in der seit 1945 Gottesdienste gefeiert wurden. Endlich, am 14. Mai 1961, konnte eine würdige Kirche in Benefeld geweiht werden. Dazu kamen ein Pfarrzentrum und ein Pfarrhaus, in dem der Pfarrer seinen Wohnsitz nahm.Jetzt gingen alle Bemühungen dahin, auch in Visselhövede eine neue katholische Kirche zu bauen.Die Planung, der Entwurf und die Bauausführung lagen in den Händen des Architekten Theo Scholten aus Oberhausen. Unter großer Beteiligung der Gemeinde und vieler Gäste konnte am 29. Mai 1965 der Grundstein eingemauert werden. Die Kirche wurde am 21. Mai 1966 durch Bischof Heinrich Maria Janssen dem „Heiligsten Herzen Jesu“ geweiht. Seit dieser Zeit gibt es also in der Gemeinde Bomlitz-Benefeld / Visselhövede zwei katholische Kirchen.